Predigt von Nuntius Eterovic im Pontifikalamt zum 100. Jahrestag des Wirkens der Passionisten in Deutschland

Miesbergkirche zu Schwarzenfeld, 16. Oktober 2022

(Ex 17,8-15; Ps 121; 2 Tim 3,14-4,2; Lk 18,1-8)

29. Sonntag im Jahreskreis – LJ C

„Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ (Lk 18,8).

Verehrter Pater Provinzial Lukas Temme CP
und Mitglieder der Kommunität der Passionisten,
liebe Schwestern und Brüder!

Gott, dem Vater, Sohn und Heiligem Geist danke ich für die Gelegenheit, mit Euch den 100. Jahrestag des Wirkens der Passionisten, der Priester und Brüder, in Deutschland zu feiern, die als Kongregation vom Leiden Jesu Christi im Jahr 1720 vom heiligen Paul vom Kreuz (1694-1775) gegründet worden ist. Aus Anlass dieses freudigen Ereignisses ermuntere ich alle, Gott für 100 Jahre aufopferungsvollen Dienstes der Passionisten in der Kirche dieses Landes zu danken (I). Im Licht des verkündeten Wortes Gottes möchte ich sodann die Bedeutung des immerwährenden Gebets (II) und die grundlegende Rolle des Glaubens im christlichen Leben, vor allem des Ordenslebens bedenken (III).

1. Dank

Gerne habe ich die Einladung von Hochwürdigen Pater Provinzial Lukas Temme CP angenommen, gemeinsam mit Euch, liebe Passionisten, dem dreieinen Gott für 100 Jahre Eures Wirkens in Deutschland zu danken, denn die ersten Mitglieder Eurer Kongregation sind im Jahr 1922 nach München gekommen, um dann auch in anderen Teilen Deutschlands tätig zu werden. Heute gibt es in der süddeutsch-österreichischen Provinz vier Ordenshäuser (drei in Bayern, eines in Österreich). Im Namen des Heiligen Vaters Franziskus, den in der Bundesrepublik Deutschland vertrete, grüße ich Euch herzlich und danke aufrichtig für Euer Wirken durch die Mission und die Feier der heiligen Geheimnisse, sowie für die Liebe zu unserem Herrn Jesus Christus, und seiner Passion, die zur Auferstehung und Erlösung führt. Danken möchte ich Euch auch für die Gebete für unseren Papst, der „ein immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit und der Gemeinschaft“ (LG 18) der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche ist. Als Zeichen der Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom und Hirten der Universalkirche erteile ich am Ende der Heiligen Messe den Apostolischen Segen - Euch, die ihr hier seid, aber auch allen Mitgliedern Eurer Ordensgemeinschaft, den Familienangehörigen und jenen, die mit Euch geistlich verbunden sind, insbesondere durch das Gebet.

2. Das immerwährende Gebet

Der Evangelist Lukas erinnert uns zu Beginn des heutigen Evangeliums an die Lehre Jesu über das Gebet, das fortwährend sein soll. Das ist der Inhalt des Gleichnisses, das der Meister erzählt. Denn der heilige Lukas schreibt: „Jesus sagte ihnen durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten“ (Lk 18,1). Im Gleichnis stellt uns Jesus eine arme Witwe vor, die keine Gelegenheit bekam, ihr Anliegen einem korrupten Richter vorzutragen, „der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm“ (Lk 18,2). Ihre einzige Möglichkeit lag darin, immer wieder ihre Sache vorzubringen und den Richter damit zu bedrängen. Um sie loszuwerden, gab er endlich nach und hörte die Witwe an, um ihr Recht zu verschaffen, denn „sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht“ (Lk 18,5). Wenn ein solch unlauterer Richter sich von den Bitten einer armen Witwe besiegen lässt, um wieviel großmütiger wird Gott, unser Vater unserer Gebete erhören? Der Herr versichert uns, dass Gott seinen Erwählten sogleich Recht verschaffen wird, die Tag und Nacht zu ihm rufen (vgl. Lk 18,7-8).

Ein leuchtendes Beispiel der Wirksamkeit des Gebetes bietet uns Mose, der bei Gott für sein Volk eintritt. Seine erhobenen Hände symbolisieren das Rufen zu Gott, das Er hört und erhört. „Solange Mose seine Hand erhoben hielt, war Israel stärker; sooft er aber die Hand sinken ließ, war Amalek stärker“ (Ex 17,11). Weil ihm aber die Arme nach einiger Zeit schwer wurden, halfen im Aaron und Hur, die seine Arme stützten, und „sie holten einen Steinbrocken, schoben den unter ihn und er setzte sich darauf“ (Ex 17,12). Auf diese Weise war Mose in der Lage, die Hände bis zum Abend erhoben zu halten, das heißt bis zum Sieg Israels über den Feind.

Liebe Brüder und Schwestern, das Geheimnis des christlichen Lebens und vor allem des Ordenslebens liegt im fortwährenden Gebet. Der heilige Paulus fordert uns auf: „Betet ohne Unterlass! Dankt für alles; denn das ist der Wille Gottes für euch in Christus Jesus“ (1 Thess 5,17-18). Diese Aufforderung gilt vor allem Euch, liebe Passionisten, wie auch allen übrigen Personen des geweihten Lebens. Vertieft immer mehr die Bedeutung und Schönheit der täglichen Eucharistiefeier, wie auch des Stundengebetes, der Anbetung und der Meditation. Das Gebet ist jeder anderen Tätigkeit in Eurem persönlichen und gemeinschaftlichen Leben vorzuziehen.

3. Der lebendige Glaube

Zum Gebet gehört der Glaube. Die Frage Jesu, mit welcher der Abschnitt des Evangeliums von heute endet: „Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ (Lk 18,8) kann uns nicht gleichgültig lassen. Der Glaube ist für unsere Beziehung zu Gott unverzichtbar. Er ist gleichsam jene Bahn, über die Gott unsere Herzen erreicht, seine Gnade schenkt und mit Gaben ausstattet, die wir nötig haben. Erinnern wir uns, dass Jesus nicht imstande war, Wunder zu tun, wenn den Menschen der Glaube fehlte (vgl. Mk 6,-1-6). Selbst die Apostel begriffen, dass sie „Kleingläubige“ (Mt 8,26) waren, und baten darum den Meister: „Stärke unseren Glauben“ (Lk 17,6).

Das gilt für alle Christen und besonders für Euch, liebe Passionisten, die ihr das Ideal eines christlichen Lebens in der Kongregation vom Leiden Jesu Christi gewählt habt. Nur mit lebendigem Glauben wird das Zeichen, das ihr am Ordenskleid tragt, zum Ausdruck des Ideals Eures religiösen Lebens. Euer Herz wird dann gezeichnet sein mit dem Kreuz und den drei Nägeln der Kreuzigung, die Eure Liebe zu Christus dem Gekreuzigten ausdrücken: JESU XPI PASSIO – das Leiden Jesu Christi. Vom Kreuzesopfer kommt die Erlösung des Menschengeschlechts, der Friede, der mit dem Olivenzweig symbolisiert wird, und die Unsterblichkeit, für die der Palmzweig steht. Dies im Herzen zu bewahren und den Menschen davon zu verkünden, ist Euer besonderes Versprechen, Euer lebenslanges Gelübde.

Liebe Passionisten, die Erfüllung dieser Gedanken vertraue ich der mächtigen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Kirche, damit Ihr durch einen lebendigen Glauben an das Geheimnis Jesu Christi, der gestorben und auferstanden gegenwärtig unter uns ist, vor allem in der Eucharistie, die wir feiern, immer mehr zu seinen treuen Zeugen und eifrigen, apostolischen Kündern der guten Nachricht in unseren Tagen werdet. Hierzu ermahnt uns der heilige Apostel Paulus alle und jeden im Besonderen: „Ich beschwöre dich bei Gott und bei Christus Jesus, dem kommenden Richter der Lebenden und der Toten, bei seinem Erscheinen und bei seinem Reich: Verkünde das Wort, tritt auf, ob gelegen oder ungelegen, überführe, weise zurecht, ermahne, in aller Geduld und Belehrung“ (2 Tim 4,1-2). Amen.

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